Diese Behauptung äußert Bogdana, die Protagonistin unserer szenischen Lesung, und fügt hinzu:

Ihre Überzeugung wird zum Glück von vielen geteilt. Zum Beispiel von den Menschen, die im letzten Winter auf die Straßen gingen, um laut und deutlich Stellung zu beziehen: unmissverständlich auf der Seite der parlamentarischen Demokratie, gegen Rechtsextremismus und gegen die Modelle einer „autoritären Demokratie“, die leider in mehreren Ländern Verbreitung finden.

Unser Projekt begann bereits einige Monate zuvor, im August 2023, also noch bevor eine Gruppe von Rechtsextremisten in einem Hotel nahe Potsdam Pläne zur sogenannten „Remigration“ schmiedete, die dank „Correctiv“ bekannt wurden. Man musste nicht auf dieses Treffen warten, um sich Sorgen um die Demokratie zu machen. Viele Menschen waren bereits vorher sehr besorgt – wir eingeschlossen.


  • „Demokratie ist kein Geschenk für die Ewigkeit“
  • Eine erste Bilanz
  • Unsere Förderer
  • Was heißt „wir“?
  • Projektpartner
  • Unsere Projekte
  • Wenn Sie eine Lesung veranstalten möchten…
  • Zum aktuellen Stück
  • Künftige Termine
  • Verfügbare Materialien
  • Das offene Gespräch
  • Auf ein Wort

Michael Wöstefeld und Liane Sickel bei der Premiere im Neuen Rathaus von Hannover am 3. Juni 2024 (Foto Christine Jochem)

Eine erste Bilanz

Inzwischen haben wir unsere neue Lesung „NACHBARN – Sie waren Freunde, gute sogar“ zehnmal präsentiert. Viele der rund 1.200 Zuschauerinnen und Zuschauer teilten unsere Sorgen. Das war zu erwarten, bedenkt man, dass unser Publikum bewusst zu unseren Veranstaltungen kommt und in der Regel gut informiert ist.

An Schulen stellt sich die Situation jedoch etwas anders dar. Nicht nur, weil Schülerinnen und Schüler unfreiwillig (und leider manchmal auch unvorbereitet) teilnehmen, sondern weil ihre politischen Ansichten ein Abbild der Gesellschaft sind. Auch an Schulen gibt es eine Minderheit von Jugendlichen, die rechtspopulistische oder gar rechtsextreme Positionen vertreten. Dies haben die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg deutlich gezeigt, wo der Anteil der rechtsextremen Stimmen unter Jugendlichen sogar zwischen 30 und 40 % lag. Auch die jüngste Shell-Studie „Jugend 2024“ hat bestätigt, dass bundesweit ein Viertel der Jugendlichen entweder „sehr unzufrieden“ oder „unzufrieden“ mit der Demokratie ist. Unsere Lesungen haben dies ebenfalls bestätigt.

Im Publikum, sowohl in Berufsschulen als auch in Gymnasien, saßen auch Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund oder Geflüchtete. Es mag ein oberflächlicher Eindruck sein, aber bei unseren Lesungen saßen oft gerade in den ersten Reihen Jugendliche aus diesen Gruppen. Sie hörten besonders aufmerksam zu, waren manchmal emotional stark berührt und stellten am Ende der Vorstellung besonders interessante Fragen, in denen sich ihre Sorge um die Zukunft widerspiegelte. Einige kamen auch direkt auf uns zu, um sich für die Lesung zu bedanken.

Es gibt also sehr gute Gründe, das Thema „Demokratie“ an Schulen zu behandeln – eine Aufgabe, die in erster Linie den Lehrkräften obliegt. Wir bieten lediglich eine kleine Unterstützung an, die im Unterricht vor- und nachbereitet werden sollte.


Erika und Rüdiger Hofmeister in der Neuen Kirche Emden spielen für die Schüler*innen des Max-Windmüller-Gymnasiums am 30. August 2024 (Foto Olaf Rolfs)

Ohne die finanzielle Unterstützung von vielen Förderern hätten wir das Projekt nie anbieten können. Die szenische Lesung wird gefördert von:

  • Demokratie leben! / VNB e.V.
  • Landeshauptstadt Hannover
  • Niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung
  • DGB Region Niedersachsen-Mitte, Hannover
  • IG BCE Bezirk Hannover
  • IG Metall Hannover
  • IG Metall Wolfsburg
  • Ver.di Bezirk Hannover-Heide-Weser
  • Ev.-luth. Landeskirchenamt Hannovers
  • Caritasverband für die Diözese Hildesheim

Jochen Gerner und Erika Hofmeister in der Bismarckschule Hannover am 1.10.2024 (Foto Olaf Rolfs)

Was heißt „wir“?

Wir sind eine Gruppe meist älterer Menschen, die seit 2013 mit Theaterstücken und szenischen Lesungen in Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern versucht, sich für eine menschenwürdige Asylpolitik einzusetzen. Es war und ist nicht unsere Aufgabe, Lösungen vorzuschlagen – dazu fehlt uns die fachliche Kompetenz.

Unsere selbstgestellte Aufgabe war es, Geflüchtete so zu präsentieren, wie sie wirklich sind: als Menschen, wie wir. Menschen, die in Not waren oder noch sind. Menschen, die sich eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien wünschen. Während sie in politischen Debatten oft als gesichtslose Phantome, anonyme Zahlen oder, in besonders infamer Weise, als Kriminelle dargestellt werden, haben wir von Christen aus Eritrea berichtet, die im Oktober 2013 vor der Insel Lampedusa ertranken. Von Frauen aus Afghanistan und dem Iran, die aus Diktaturen fliehen mussten. Von einer Palästinenserin, deren Familie seit fünf Generationen auf der Flucht ist, von ukrainischen Frauen, die aufgrund der russischen Invasion ihr Land verlassen mussten. Oder von einem 14-Jährigen, der seit zwei Jahren auf der Flucht war und sein Leben riskierte, indem er sich stundenlang unter einem Lkw festband.

Wir haben auch dokumentiert, warum Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen – sei es hier in Deutschland in der örtlichen Kirchengemeinde oder im Mittelmeer auf einem NGO-Schiff – Respekt verdienen und Unterstützung brauchen. Außerdem haben wir ihnen die Möglichkeit gegeben, Spenden für ihre Arbeit zu sammeln.

Doch nicht nur Migration, Flucht und Asyl stehen im Mittelpunkt der Theaterprojekte der Arbeitsgruppe Lampedusa Hannover: Auch Krieg, Frieden, Menschenrechte und Demokratie spielen eine zentrale Rolle.


Jochen und Christine Gerner in der Aula der Käthe-Kollwitz-Schule Hannover am 19. September (Foto Susanne Pilgrim)

“NACHBARN – Sie waren Freunde, gute sogar” wird gemeinsam von vier Organisationen durchgeführt:

  • “Unter einem Dach gUG” (Projektträger), Hannover
  • “Spielkreis Theater Matthiaskirche e.V.”, Hannover
  • “Mach’ meinen Kumpel nicht an! – für Gleichbehandlung, gegen Rassismus e.V.”, Düsseldorf
  • “Arbeitsgruppe Lampedusa Hannover”

Haus der Kulturen, Braunschweig: Rüdiger Hofmeister und Sigrid Jahnel

  • 2014 – „Ein Morgen vor Lampedusa“ (szenische Lesung)
  • 2017 – „Das Boot ist voll!“ (Monolog mit Willi Schlüter)
  • 2019 – „Seestern in Südtirol“ (szenische Lesung)
  • 2022 – „Walzer ins Nirgendwo“ (Theaterstück mit Marie-Madeleine Krause und Willi Schlüter)
  • 2023 – „Nie die Hoffnung verlieren“ (szenische Lesung)
  • 2024 – NACHBARN – Sie waren Freunde, gute sogar“ (szenische Lesung)

Die Theaterstücke „Das Boot ist voll!“ und „Walzer ins Nirgendwo“ wurden zusammen mit dem Theater in der List Hannover realisiert. Die szenischen Lesungen wurden in Niedersachsen fast immer von den Sprecherinnen und Sprechern des Spielkreis Theater Matthiaskirche e.V. vorgetragen.

Autor aller Stücke ist Antonio Umberto Riccò, der die Gruppe zusammen mit Renate Blanke koordiniert. Die Musik hat Carsten Litfin komponiert.


Wenn Sie eine Lesung veranstalten möchten…

…nehmen Sie bitte per E-Mail Kontakt mit uns auf (info@lampedusa-hannover.de) und schlagen Sie zwei oder drei passende Termine vor. Wir werden prüfen, ob einer der Termine für uns passt, und uns innerhalb weniger Tage bei Ihnen melden.
Dank unserer Förderer übernehmen wir im Rahmen des Projekts unsere Reisekosten, die GEMA-Gebühren sowie die Kosten für Werbematerialien, die wir an Ihre Adresse liefern.
Für die Location und die Werbung vor Ort sind jedoch Sie zuständig.


Udo Makus und Christine Gerner bei der Lesung in Hildesheim am 4. Juni 2024.

Zum aktuellen Stück

Unsere szenische Lesung, eigentlich fast ein Theaterstück, erzählt eine Geschichte, die sich irgendwo in Europa abspielt.

In diesem Land haben die Nationalpopulisten die Wahlen gewonnen und sind somit auf völlig legitime Weise an die Macht gelangt. Ihre selbsternannte „Regierung des Volkes“ hat eine schleichende Veränderung des Staates und der Gesellschaft im Sinne einer „Autoritären Demokratie“ eingeleitet.

Drei Jahre später müssen jedoch aufgrund eines richterlichen Beschlusses vorgezogene Neuwahlen stattfinden, und viele befürchten, dass ein erneuter Sieg der Nationalpopulisten der Demokratie den Todesstoß versetzen könnte.

In dieser angespannten Lage begegnen sich Jack und Bogdana, zwei frühere Nachbarn und Freunde. Jack, ein ehemaliger Buchhalter, ist ein Mitläufer der Populisten. Als „örtlicher Vertreter der Regierung des Volkes“ darf er vor öffentlichen Veranstaltungen nur eine kurze Rede halten – so auch am Ort unserer Lesung – und genießt sichtlich diese ehrenamtliche Aufgabe.

Im Publikum sitzt jedoch auch Bogdana, seine frühere Nachbarin. Obwohl ihre Familien einst eng befreundet waren, scheint das zunächst keine Bedeutung zu haben: Zwischen den beiden entwickelt sich eine heftige, spannende und teils berührende Auseinandersetzung.

Die Handlung ist frei erfunden, aber inhaltlich nimmt die Lesung Bezug auf Maßnahmen, die von populistischen Parteien und Regierungen in vielen Ländern tatsächlich ergriffen wurden. Sie bietet somit reichlich Anlass für Diskussionen über die politische Lage in Deutschland und Europa sowie die daraus resultierenden Gefahren für die Demokratie.


Die vollständige, aktualisierte Liste der Veranstaltungen mit unserer Lesung finden Sie auf www.lampedusa-hannover.de. Zur Zeit sind Lesungen an diesen Tagen und Orten geplant:

  • Hannover, Matthiaskirche, Mittwoch, 23. Oktober 2024, 19:30 Uhr
  • Bremervörde, Kulturbühne, Dienstag, 29. Oktober 2024, 19:30 Uhr
  • Bremervörde, Kulturbühne, Mittwoch, 30. Oktober 2024, 10:00 Uhr
  • Hannover, Kulturtreff Plantage, Dienstag, 05. November 2024, 19:00 Uhr
  • Hannover, Neues Rathaus, Freitag, 08. November 2024, 18:00 Uhr
  • Wolfsburg, IG Metall Wolfsburg, Montag, 11. November 2024, 10:00 Uhr
  • Wolfsburg, IG Metall Wolfsburg, Montag, 11. November 2024, 18:00 Uhr
  • Hann. Münden, Berufsbildende Schulen Münden, Freitag, 22. November 2024, 11:30 Uhr
  • Hannover, Freizeitheim Linden, Saal 18, Sonntag, 15. Dezember 2024, 15:00 Uhr
  • Hannover, Gymnasium Helene-Lange-Schule, Donnerstag, 30. Januar 2025, 10:30 Uhr
  • Gifhorn, BBS 1 Gifhorn, Dienstag, 11. Februar 2025, 11:30 Uhr
  • Gifhorn, BBS 1 Gifhorn, Dienstag, 11. Februar 2025, 13:10 Uhr
  • Lüneburg, Gymnasium Herderschule Lüneburg, Mittwoch, 12. März 2025, 11:30 Uhr
  • Lüneburg, Gymnasium Herderschule Lüneburg, Mittwoch, 12. März 2025, 19:00 Uhr
  • Lüneburg, BBS Lüneburg (vielleicht), Donnerstag, 13. März 2025, 11:30 Uhr
  • Delmenhorst, BBS 1 Delmenhorst, Mittwoch, 19. März 2025, 12:00 Uhr
  • Delmenhorst, VHS Delmenhorst, Mittwoch, 19. März 2025, 19:00 Uhr
  • Langenhagen, Gymnasium Langenhagen, Dienstag, 25. März 2025, 17:00 Uhr
  • Stadthagen, Kulturzentrum Alte Polizei, Freitag, 28. März 2025, 19:30 Uhr
  • Verden, Haags Hotel Niedersachsenhof, Dienstag, 9. September 2025, 11:15 Uhr

Verfügbare Materialien

Bei den Veranstaltungen stehen den Zuschauerinnen und Zuschauern zwei Materialien zur Verfügung:

  • Das Skript der Lesung
  • Das A1-Plakats mit dem Titel „Stärkt die Demokratie, wehret den Anfängen!“

Das Plakat präsentiert 25 Schlüsselbegriffe, um Populisten – insbesondere Rechtspopulisten – erkennen zu können, ergänzt durch Erläuterungstexte und 25 Zitate aus der szenischen Lesung. Es wurde von uns mit freundlicher Beratung von Frau Dr. Stine Marg vom Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen erstellt.

Die 25 Schlüsselbegriffe lauten:

  • Ausländerfeindlichkeit
  • Autoritäre Demokratie
  • EU-Kritik
  • Frauenbild
  • Gewaltanwendung
  • Heimat und Natur
  • Juden und Muslime
  • Justiz
  • Medien
  • Minderheiten
  • Nationale Identität
  • Opferrolle
  • Parlament und Regierung
  • Populistische Führer
  • Rechtsextremismus
  • Rechts und links
  • Rhetorik
  • Russland und China
  • Sündenböcke
  • Verfassungsgericht
  • Verschwörungserzählungen
  • Verzerrung der Geschichte
  • Volk
  • Volksentscheide
  • Wahlen

Da wir uns an die Ergebnisse der Demokratieforschung gehalten haben und nichts frei erfunden ist, werden gut informierte Zuschauerinnen und Zuschauer diesbezüglich nichts Neues entdecken. Trotzdem glauben wir, dass die Lesung einen nützlichen Überblick bietet und eine Hilfe für weniger informierte Menschen sein kann.


Das offene Gespräch

Johann Saathoff (Parl. Staatssekretär im Bundesinnenministerium, MdB) und Doris Kruse (Emdener Bürgermeisterin) bei der Lesung in der Neuen Kirche Emden am 29. August 2024.

Wenn möglich, findet bei öffentlichen Veranstaltungen nach der einstündigen Lesung ein offenes Gespräch statt, an dem das Publikum und geladene Gäste teilnehmen können.

An Schulen ist es aus Zeitgründen meist nur möglich, einige Fragen zu beantworten. Wir empfehlen jedoch, das Thema der Lesung und ihre Inhalte im Rahmen des regulären Unterrichts zu vertiefen. Dafür sind auch unsere Materialien gedacht.


Auf ein Wort

Obwohl wir das Projekt mit viel Mühe, Überzeugung und Zeit entwickelt und präsentiert haben, stoßen wir an Grenzen: Wir sind eine ehrenamtliche, politisch interessierte und parteipolitisch heterogene Gruppe, bestehend überwiegend aus älteren Menschen, die daran glauben, dass wir mit den Mitteln des Theaters andere Menschen erreichen können.

Wir bieten dem Publikum nicht nur unsere Lebenserfahrung als überzeugte Demokraten, sondern auch unsere Kenntnisse im Theaterbetrieb. Wir teilen offen unsere Geschichten und Ansichten und plädieren für eine aktive Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger am demokratischen Leben. Wir werben nicht für eine bestimmte Partei, stehen aber zu den Werten unserer Verfassung.

Leider können wir kein Stück mit jungen Schauspielerinnen und Schauspielern präsentieren. Wenn wir 30 oder 40 Jahre jünger wären, hätten wir wahrscheinlich eine andere Handlung entwickelt. Unser Plot spiegelt jedoch unser Alter wider.

Wenn Sie als Lehrkraft überzeugt sind, dass nur junge Menschen andere Jugendliche auf der Bühne erreichen können, könnte unsere Lesung nicht das Richtige für Sie sein. In diesem Fall würden wir uns freuen, wenn Sie nach anderen Produktionen suchen, die das Thema Demokratie behandeln.

Noch besser wäre es, wenn Sie und Ihre Schüler*innen ein eigenes Stück zu diesem Thema schreiben und aufführen würden. Denn das Wichtigste für uns ist das Ergebnis: Menschen für die Verteidigung der Demokratie zu motivieren.

Antonio Umberto Riccò

„Demokratie ist kein Geschenk für die Ewigkeit“